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Kleine Auswertung der Sondierungen von CDU/CSU und SPD

Wer das Sondierungspapier liest, denkt erstmal: Gar nicht schlecht, was die alles an Themen anpacken. Die neue Regierung hat diesmal verhältnismäßig viel Geld zu verteilen. Wenn man sich das aber genau anschaut, ist es größtenteils Flickenschusterei, manchmal Homoöpathie, mit wenigen Ausnahmen.

1. Krankenversicherung: Hier sticht die Wiedereinführung der Parität hervor. Unternehmen sollen endlich wieder gleich viel zahlen wie die Lohnabhängigen. Das wurde augenscheinlich von der SPD erkauft durch

1a) Abschaffung des Solis: Der Soli wird fast nur von den Besserverdienenden gezahlt. Seine Abschaffung lässt die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinandergehen.

1b) Einschränkung des Familiennachzugs und Einführung ener Obergrenze: Eine ziemliche Barbarei (von der achso christlichen CSU).

2. Die EU bekommt deutlich mehr Geld. Deutschland will seinen Einfluss hier offenkundig ausweiten (in der Konkurrenz gegen China und USA ist Deutschland ohne EU aufgeschmissen).

3. Der Bildungsbereich wird etwas verbessert:

3a) Im Schulbereich soll Einiges investiert werden und die Finanzierung der Schulen soll stärker vom Bund übernommen werden. Das ist fällig und sehr begrüßenswert. Wenn sogar das Kooperationsverbot fällt, wäre das ein großer Fortschritt.

3b) Das BAföG soll aufgestockt werden. Das ist angesichts der massiven Einbrüche bei den BAföG-Bezieher*innen bitter notwendig. Der Hochschulpakt wird lediglich verlängert: Kleine Verbesserungen, am schlechten Betreuungsschlüssel, den maroden Unis und der schlechten Lehre wird sich nichts ändern. Für Studis ändert sich nicht viel.

4. Arbeit/Soziales: Kleine Verbesserungen bei Kindergeld (+25€). Rente soll gleich bleiben. Ein kleines Programm zur Einbeziehung Langzeitarbeitsloser: Kleinkram.

5. Geschlechtergerechtigkeit: Quotierung im Öffentlichen Dienst bis 2025: Gute Sache (an die heilige Wirtschaft geht’s aber nicht ran).

6. Umwelt: Glyphosatreduzierung und Kohleausstieg. Aber keine großen Würfe (viel zu wenig für die Klimaziele): Ein Witz angesichts der Herausforderungen.

7. Aufrüstung – innen und außen: Der Sicherheitsapparat wird weiter aufgerüstet. Mehr Polizei, mehr Militär: Tendenz zu Autoritären Kapitalismus hält an.

8. Wohnen: Hier sollen zwar 4 Milliarden für sozialen Wohnungsbau in die Hand genommen werden. Das ist angesichts des Wegfalls 100.000er Sozialwohnungen in den letzten und kommenden Jahren ein billiges Placebo.

9. Verkehr und Digitalisierung: Hier wird zwar etwas Geld in die Hand genommen. An der Infrastruktur wurde in den letzten Jahrzehnte derart viel gespart, dass das ein Tropfen auf den heißen Stein bleibt (trotz angeblicher Finanzierung auf “Rekord”niveau). Breitbandausbau wird verstärkt, aber nicht wie nötig.

FAZIT: Auffallend ist, dass die SPD und CDU/CSU fast alle wichtigen Bereichen anschneiden, aber kaum richtige Lösungen anbieten. Überall wird etwas Geld in Hand genommen, aber nie ausreichend.

Mit der Obergrenze und des Stopps beim Familiennachzugs rückt die GroKo weiter nach rechts.

In keinem Bereich außer den Krankenkassen legt sich die Regierung mit dem Kapital an. Bei den Themen Wohnen, Gesundheit, Umwelt, Arbeit, Digitalisierung, Geschlechtergerechtigkeit wird jede Konfrontation vermieden.

Die Einführung der Parität in der Krankenkasse und die eventuelle Aufhebung des Kooperationsverbots sind größere Sprünge – die uns wahrscheinlich länger begleiten. Bei all den positiven Aspekten muss aber berücksichtigt werden, dass die SPD-Basis in der nächsten Zeit über Koalitionsverhandlungen abstimmen muss und die CDU danach sicher nochmal Einiges kassieren wird.

Insgesamt stehen die Sondierungen aber für ein Weiter So. Aus linker Sicht werden sich die Mieten erhöhen, bei der Gesundheit bleibt es beim Zwei-Klassensystem, die Klimaziele werden verfehlt, die Kluft zwischen Arm und Reich geht weiter auseinander. Zur Zukunft der Arbeit gibt es keine Antworten. Im Bereich Mobilität wird sich nichts ändern (hier ist die Autolobby in Deutschland einfach zu stark).

International will die Regierung die unheilige deutsche Dominanz in der EU offenkundig verstärken und stellt sich mit der Erhöhung des Verteidigungsetats mehr und mehr auf mögliche militärische Ressourcenabsicherung ein. Nach innen bedeutet das verstärkte Überwachung und Polizei. Das Auseinanderklaffen der Gesellschaft soll nicht über soziale Einbindung gekittet werden, sondern durch autoritäre Absicherung.

Die gesellschaftliche Zuspitzung wird sich eher fortsetzen, aber in deutscher Geschwindigkeit. Als SDS bleibt also:

Weiter gegen neoliberale Politik, gegen die Aufrüstung innen und außen und für den Aufbau einer linken Alternative!

von Janis Ehling, ehemaliger Geschäftsführer von Die Linke.SDS